Einfach weil es so ein toller, passender Text ist, nochmal zum Lesen. Bitte, wenn ihr ein Tier adoptiert, habt Geduld, gebt ihnen Zeit und erwartet nicht Perfektionismus.
Dany, unsere langjährige Gassigeherin und Freundin schreibt: „Ein Plädoyer für die Zeit, den kleinen Prinzen und alle Tiere, die noch kein Zuhause gefunden haben….
Vor über etwas einem Jahr trat ein kleiner Hund in mein Leben. Genauer gesagt am 7.12.2017 betrat er mein Haus. Nachdem keiner weiß, wann er Geburtstag hat, habe ich beschlossen, dass er den am 06.12. hat…einfach weils schön ist. Der ist ja jetzt auch schon vorbei und wir haben schön gefeiert. Und wie das an Geburtstagen so sein muss, war Leo aufgeregt, es war ihm vom vielen Essen etwas schlecht und glücklich und müde ist er dann ins Bett gefallen.
Leo war in den letzten 1,5 Jahren aber nicht das einzige Glück, dass mein Leben betreten hat. Vor ihm kam noch die kleine Amber und nach ihm noch der freche Shiner. So viel Glück in so kurzer Zeit….für mich kaum zu fassen.
Sie bestimmen einen Großteil meines Lebens und dadurch machen sie es soviel reicher und glücklicher. Ihr wisst was ich meine ;-
Ich möchte Leos Geburtstag zum Anlass nehmen, ein paar laaaaaaaaaaaaaaaange Gedanken mit euch zu teilen.
Denn ich möchte natürlich noch auf etwas anderes hinaus. Ich stand mit diesen drei Tieren dreimal hintereinander vor der Aufgabe eine gute und vertrauensvolle Beziehung zu einem, mir im Grunde vollkommen unbekannten Lebewesen, aufzubauen. Sicher träumt jeder davon, wenn er sich ein Tier anschaffen will, von dem Moment in dem man sich das erste Mal sieht und dass das dann auch ein magischer Moment ist. Und ja, dass ist es auch. Und ja, man spürt eine Gefühl der Verbindung, der Zuneigung und träumt schon in leuchtenden Bilder von zukünftigen gemeinsamen Jahren. Und irgendwie denkt man, diese Magie würde sich im Alltag sofort fortsetzen. Einfach weil ich ich bin und der Andere er ist und es ja diese sofortige Sympathie gab….ja denkste…. Denn, wenn ich einen Hund im Tierheim ansehe oder ein Pferd beim Züchter…es ist ein winziger Moment in einem langen Leben. Sobald die Tiere bei einem daheim sind trifft einen die ein oder andere Ernüchterung und man stellt fest, dass wohl doch nicht alles so sein wird, wie man sich das vorgestellt hat und beginnt zu zweifeln…an der eigenen Entscheidung, den eigenen Fähigkeiten, den eigenen Vorstellungen…
Mal ein paar kleine Beispiele meinerseits:
Fall Amber, Pferd, bei Einzug 3 Jahre:
Vorstellung meinerseits:
Ich bekomme ein junges, cooles, unkompliziertes, gesundes Pferd und im Hand um drehen reiten wir gemeinsam in den Sonnenuntergang. An Probleme habe ich eigentlich gar nicht gedacht.
Pferd frisst alles, und ich meine wirklich alles, an. Haben die vier vorher nie getan, also bin ich die nächste Tage damit beschäftigt, alle anknabberbaren Sachen in Sicherheit zu bringen.
Pferd war vollkommen cool beim Züchter: erste Spaziergänge Zuhause dauern 20 Minuten und bringen uns max. ca. 500 Meter vom Grundstück weg, weil Pferd alles gruselig findet
Niemand wollte noch ein Pferd mit Sommerekzem: Pferd hat Sommerekzem
Fall Leo, Hund, bei Einzug 3 Jahre:
Vorstellung meinerseits: Ich werde durch meine Besuche bei Hunde in Not irgendwann den richtigen Hund finden und nachdem wir uns dort schon eine ganze Zeit kennengelernt haben, entschließe ich mich ihn mitzunehmen. Natürlich sind wir von Anfang an auf einer Wellenlänge und von null auf gleich bin ich das wichtigste in seinem Leben. Quasi sofortige symbiotische Beziehung.
Ablauf deutlich anders: Tanja ruft an und sagt mir, dass gerade der passende Hund für mich abgegeben wurde, schaue ihn kurz an, nehme ihn
Hund taut gar nicht richtig auf und scheint sich nie so richtig zu freuen
Hund kann sich erschreckend lauten und hohen Tönen bellen
Hund neigt dazu in fremden Wohnungen zu markieren, als erstes gleich mal den Mülleimer meiner Kollegin
Hund haut ab, sobald keine Leine dran ist
Fall Shiner, Pferd, bei Einzug 7 Jahre:
Vorstellung meinerseits:
Wir finden eine erfahrene, total coole Socke, die Amber ein Vorbild sein kann und in der Amber einen Freund finden kann
Kaum vom Stall wegzubringen, wiehert in einer Tour
Findet quasi alles gruselig
An Ausreiten allein ist gar nicht zu denken
Amber und er verstehen sich leider überhaupt nicht
Ist mindestens genauso so ein Kindskopf wie Amber
Und ja, bei jedem von den dreien habe ich mich in den ersten Wochen oft gefragt:
War das das richtige? Kann ich das überhaupt? Was mache ich, wenn das nie anders wird? Wären sie nicht bei einem anderen besser aufgehoben? Kann ich ihnen wirklich gerecht werden?
Und was soll ich sagen, es hat sich bei allen eingespielt und meine Vorstellungen hat jeder von Ihnen weit übertroffen. Ich hätte keine besseren bekommen können.
So und jetzt…tata… zu dem Grund warum ich das schreibe: ich bin ja ehrenamtlich beim Hunde in Not Pfarrkirchen e. V. und besonders in den letzten Monaten kamen einige vermittelte Hunde nach sehr kurzes Zeit wieder zurück, meistens mit der Begründung, nur in verschiedenen Varianten: Ich habe es mir anders vorgestellt.
Nach einem bis drei Tage haben sich Menschen entschlossen, dass das ausgesuchte Lebewesen und das Leben mit ihm nicht ihre Vorstellungen entspricht.
Ich habe dann oft an meine schwachen Moment und die Zweifel gedacht und wie sie sich aber auch irgendwann in Luft aufgelöst haben….nach: ZEIT!!!
Es braucht unendlich viel Zeit. Zeit in der ich mich auf das einlasse, was der andere gerade anbieten kann und es fördere und so Vertrauen aufbaue. Wir erwarten, dass alles zwischen uns und dem anderen in ein paar Minuten geklärt sein muss. Vielleicht weil wir so oft hören: du musst nur als Chef anerkannt werden und da gibt es ja dann wieder viele Ratschläge dazu. Klar, kann ich dem Hund in den ersten Tagen zeigen, dass er kein Essen vom Tisch klauen soll, mich nicht anspringen darf und nicht alles ihm gehört. Ich kann auch mein Pferd ein paar Mal Horsemanshippen und plötzlich überholt es mich nicht mehr o.ä. Aber damit ist es doch noch nicht getan, das ist doch nicht das einzige was wir wollen. Wir wollen Partnerschaft und dazu braucht es mehr. V.a. mehr Einsatz meinerseits. Ich muss zuerst geben um etwas zu bekommen und das kann ein langer Weg sein. Denn was wir immer vergessen: für den anderen sind wir Fremde, wir bedeuten ihm erstmal nichts. Und das zu ändern ist ein Prozess. Und erst wenn eine Vertrauensbasis da ist, kann ich vom anderen auch wirklich was verlangen. Zum Beispiel eine für ihn sehr beängstigend Situation meistern und eine sehr schwere Aufgabe angehen. Denn besonders unsere Tiere sind dann in dem Modus, dass sie sowieso ihr Möglichstes für uns tun werden. Und wenn das erstmal noch hinter unseren Hoffnungen oder Vorstellungen liegt, ist es an uns das trotzdem zu akzeptieren und an einem anderen Tag nochmal danach zu fragen.
Und dann ist auch Raum zu entdecken, was unsere Tiere noch ausmacht, vielleicht weit ab von unseren Vorstellungen, aber doch mehr als wir uns je zu träumen gewagt haben.
Vor ein paar Wochen habe ich in diesem Zusammenhang nach langer Zeit mal wieder an den kleinen Prinzen gedacht. Im Grunde hat ANTOINE DE SAINT-EXUPÉRY darüber schon so gut wie alles gesagt, was ich gerade in einen Roman gepackt habe: »Ich suche Freunde. Was bedeutet ›zähmen‹?«
»Das wird oft ganz vernachlässigt«, sagte der Fuchs. »Es bedeutet ›sich vertraut miteinander machen‹.«
»Vertraut machen?« »Natürlich«, sagte der Fuchs. »Du bist für mich nur ein kleiner Junge, ein kleiner Junge wie hunderttausend andere auch. Ich brauche dich nicht. Und du brauchst mich auch nicht. Ich bin für dich ein Fuchs unter Hundertausenden von Füchsen. Aber wenn du mich zähmst, dann werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzigartig sein. Und ich werde für dich einzigartig sein in der ganzen Welt …« »Du bist ewig für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast. …«
Aus Der kleine Prinz
von ANTOINE DE SAINT-EXUPÉRY“